Energie und Umwelt - die Eckpfeiler der digitalen Zukunft

Wir brauchen saubere Luft zum Atmen, reines Wasser zum Trinken, eine unverschattete Sonne zur Energieerzeugung und einen nachhaltigen Umgang mit der Natur.

 

Wieviel CO2 darf mein Auto ausstoßen? Ist erneuerbare Energie umweltfreundlicher als Kohlestrom? Wem nützt die Milchproduktion in Deutschland? Kann der übermäßige Energieverbrauch für eine Urlaubsreise nach Übersee durch eine Baumpflanzaktion im Amazonasgebiet ausgeglichen werden. Diesen Fragenkatalog könnte man beliebig fortsetzen. Im Jahre 2015 wurde in Paris das Klimarahmenübereinkommen geschlossen, dem Ende 2017 alle 195 Länder der Erde angehören. Lediglich die USA hat unter Präsident Trump seine Mitgliedschaft zum Jahr 2020 gekündigt.    

 

Für alle Länder der Welt hat damit das Klima auf dieser Erde offenbar oberste Priorität.

 

Zu den Grundbedürfnissen für Mensch, Tier und Pflanze zählen in hohem Maße solche Güter, die man früher als freie Güter bezeichnete: Luft, Wasser, Sonne, Wind, Regenwald und viele andere. Diese wurden freie Güter genannt, weil die vorhandenen Ressourcen größer waren als der Bedarf. Mittlerweile ist das anders. Freie Güter in dem Sinne gibt es eigentlich nicht mehr, weil es uns durch unsere Lebensweise gelungen ist, Luft und Wasser zu verschmutzen, die Sonne durch Ozon und Rauchwolken zu verdunkeln, den Wind durch Temperaturanstieg anzutreiben und den Regenwald teilweise abzuholzen.

 

 

Das Pariser Klimaabkommen führt nicht zu den gewünschten Ergebnissen.

Um die CO2-Belastung weltweit zu reduzieren und das Klimaabkommen von Paris zu erfüllen, haben 163 Staaten Klimaschutzpläne ausgearbeitet. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dies der Klimaschutzplan 2050 mit einer langen Liste von Einzelmaßnahmen. Neben der Energieeinsparung, der Stilllegung von Kohlekraftwerken, der Reduzierung der Abgase im Straßen- und Schienenverkehr wird als ein wichtiges Instrument für die Reduzierung der Umweltbelastung der Handel mit Emissionszertifikaten angesehen. Die Wirksamkeit derartiger Zertifikate ist jedoch höchst umstritten. Das Prinzip ist einfach: Energieversorger, große Industrieunternehmen und die Luftfahrtgesellschaften erhalten vom Staat eine bestimmte Menge an Zertifikaten zugeteilt. Für jedes Zertifikat dürfen sie eine Tonne Kohlendioxid in die Atmosphäre ausstoßen. Stoßen sie weniger aus, dürfen die überschüssigen Zertifikate verkauft werden. Die Kritik ist darauf gerichtet, dass die Zuteilung von Zertifikaten durch den Staat in der Vergangenheit viel zu großzügig gehandhabt wurde. Zum Beispiel hat allein die RWE AG bei der ersten Zuteilung von Zertifikaten im Jahre 2008 einen finanziellen Vorteil von etwa 5 Mrd. € erzielt, weil RWE den kompletten Wert der kostenfrei zugeteilten Zertifikate „eingepreist“ hat. Das bedeutet, die Zertifikate wurden bei der Festlegung der Verbraucherendpreise als Kostenfaktor in die Kalkulation aufgenommen, ohne das tatsächlich Kosten entstanden waren. In diesem Beispiel hat der Emissionshandel dazu geführt, dass der Staat einem Industrieunternehmen unter dem Stichwort „Klimaschutz“ einen Kostenvorteil und damit zusätzliche Gewinne verschafft hat, die für den Umwelt- und Klimaschutz nichts bewirkt haben. Bei den anderen großen Energieversorgern und Industrieunternehmen ergeben sich ähnliche Sachverhalte, die nicht zu einer geringeren CO2-Belastung geführt haben.

 

Politikmüdigkeit und Unverständnis für die politisch Handelnden

Ähnlich ist das auch bei der Europäischen Union, auch dort werden Gesetze verabschiedet und Methoden praktiziert, die nur für die direkt Betroffenen verständlich, aber für den Verbraucher nicht nachvollziehbar sind. Zum Beispiel zahlte die EU den milchproduzierenden Landwirten einen Zuschuss von 7 Cent pro Liter Milch. Verfolgt man den Weg der Milch und den damit einhergehenden Transaktionen, wird am Ende sichtbar, wem diese 7 Cent Zuschuss pro Liter1, das sind jährlich 14 Mrd. € zu Gute kommen: Allein den Europäischen Milchkonzernen und Großmolkereien z.B. Arla NL und anderen, jedoch nicht etwa den Landwirten, wie man meinen könnte. Die Landwirte brauchen diesen Milchzuschuss, um die notwendigen Futterkosten zu bezahlen, sonst würden sie die Milch unter dem Selbstkostenpreis abgeben müssen und damit zwangsläufig in Konkurs gehen. Allein im Jahre 2016 haben 20.000 Landwirte in Deutschland den Betrieb eingestellt, um diesem Schicksal zu entgehen. Hinzu kommen die vielen Landwirte in Afrika und Asien, denen die wirtschaftliche Existenz entzogen wird, weil die aus der EU nach dort exportierten, subventionierten Milchprodukte billiger auf den Markt gebracht werden, als die einheimischen Produkte. Dank der EU-Zuschüsse, die komplett von den Milchkonzernen abgeschöpft werden. Wenn man sich also fragt, warum der durchschnittliche EU-Bürger nicht (mehr) für die EU zu begeistern ist, wie der Brexit beweist oder in der geringen Wahlbeteiligung bei Europawahlen zum Ausdruck kommt, dann ist sicher eine der wichtigen relevanten Antworten, dass keiner wirklich versteht, was „die da in Brüssel“ machen.

 

1 Arte Film: 2017 Grimme-Preisträger Andreas Pichler, ‘Das System Milch“

  40 % = 60 Mrd. für Landwirtschaft, davon Deutschland 6,35 Mrd. €1

Die in der Wählergunst steigenden Parteien, wie die AFD und andere profitieren von dieser Unkenntnis obwohl sie keinerlei bessere Alternativen anbieten.

 

Emissionshandel ist ohne Mitwirkung der Bürger nicht wirklich effektiv.

Ähnliches gilt für die Nachvollziehbarkeit der Instrumente des Umweltschutzes – also z.B. den Emissionshandel. Für den Verbraucher sind das Schlagworte, deren Vorteil darin besteht, dass es seither eine Kennzahl für die Luftverschmutzung, nämlich den CO2-Ausstoß in Tonnen sozusagen als Umweltwährung gibt. Aber natürlich ist das nur einer der relevanten Werte, wie die aktuellen Diskussionen um die Stickoxyde NO2 beim Diesel zeigen. Wir Verbraucher kennen mittlerweile einige Bereiche, mit denen wir uns praktisch auseinandersetzen können, eben zum Beispiel, wenn wir ein neues Auto kaufen, dann vergleichen wir die CO2-Werte oder, wenn wir ein neues Elektrogerät oder eine Immobilie kaufen oder eine Wohnung mieten, achten wir auf die jeweilige Energiekennzahl oder Effizienzklasse.

 

Unsere Erfolge in Sachen Luftreinhaltung und Energiewende sind aber bisher eher bescheiden. Eine wirkliche Trendwende ist nicht in Sicht. Alle aktuellen Prognosen kommen zu dem Ergebnis, dass wir die gesteckten Klimaziele nicht erreichen, wenn wir in dem bisherigen Tempo weitermachen. Deshalb braucht unsere Gesellschaft neben den notwendigen internationalen Instrumenten, wie Emissionshandel und CO2-Ausstoss-Bilanzen auch lokale, regionale und nationale Möglichkeiten, die jeden Einzelnen zum Mitmachen und Sparen motivieren, weil es den eigenen Geldbeutel direkt betrifft.

 

Was also können wir direkt vor Ort tun, damit unsere Luft wieder wird, was sie einmal war - sauber? Auf der Suche nach vergleichbaren Beispielen fällt uns sofort das Wasser ein. Wie sind wir damit umgegangen, als unsere Flüsse kein Trinkwasser mehr lieferten, weil sie immer mehr Schadstoffe aufnehmen mussten. Auch das Grundwasser bedurfte stellenweise wegen des zu hohen Nitratgehalts einer Sauberkeitskur. Das haben die kommunalen Wasserbehörden, die Wasserwerke oder die jeweiligen Stadtwerke dann in die Hand genommen und der Staat hat die entsprechenden Gesetze und Richtlinien erlassen. Wer heute seine Wasser- und Abwasserrechnung zur Hand nimmt, wird dort sehr unterschiedliche Preise für den Kubikmeter Wasser oder Abwasser finden. Weiterhin wird er Umlagen für untere Wasserbehörden, Genossenschaften zur Flussreinhaltung und viele andere Kostenarten finden, die den Preis pro Kubikmeter Wasser oder Abwasser direkt vor Ort beeinflussen. Nachdem die sogenannte zweite Miete, nämlich die Mietnebenkosten mittlerweile manchmal fast so hoch sind wie die Miete, lohnt es sich immer mehr, sparsam mit Wasser umzugehen. Damit kann man viel Geld sparen. Die Stadtwerke belohnen das dann mit niedrigeren Nebenkosten.

 

Die Privatisierungswelle

Ende der 1980er Jahre begann nach der von Kanzler Helmut Kohl ausgerufenen „geistig- moralischen Wende“ die Privatisierungswelle kommunaler und staatlicher Einrichtungen. Erwartet wurde, das private Unternehmen auch öffentliche Aufgaben, wie Müllabfuhr, Stromversorgung, den Betrieb von Krankenhäusern und viele andere öffentliche Aufgaben kostengünstiger wahrnehmen könnten, als die Kommune. Wie wir mittlerweile leidvoll erfahren mussten, ist das Gegenteil der Fall. Die vielen Privatisierungen fanden häufig nur deshalb die Zustimmung der Gemeinde- und Stadträte, weil diese durch den oft fehlenden wirtschaftlichen Sachverstand, nicht realisierten, das private Unternehmen für die Müllabfuhr im Vergleich zum kommunalen Betrieb zusätzlich 16 % Mehrwertsteuer, Gewerbesteuer nach den jeweiligen örtlichen Hebesätzen und Körperschaftssteuer zahlen mussten. Praktisch bedeutete das, das diese Unternehmen bis zu 40 % höhere Kosten haben und demnach entweder 40 % günstiger arbeiten müssten oder die Müllgebühren oder sonstige Leistungen entsprechend erhöhen mussten. Prominente Beispiele für die damaligen euphorischen Erwartungen sind der Verkauf der Berliner, Hamburger oder Düsseldorfer Stadtwerke an die großen Energiekonzerne. Inzwischen hat man das vielerorts bereut. In Hamburg und Berlin wurden mittlerweile Teile der Netze zurückgekauft und neue Stadtwerke gegründet.

 

Die Rekommunalisierung

Im Rahmen der Energiewende führten neue Erkenntnisse zu neuen Entwicklungen. Rekommunalisierung ist das Stichwort dafür, bestimmte hoheitliche Aufgaben wieder von kommunalen Unternehmen ausführen zu lassen, wie das beispielsweise in Hamburg und Berlin praktiziert wird. Andere Lösungen, insbesondere im Energiebereich, führten zu genossenschaftlichen Neugründungen. Energie in Bürgerhand nennen sich die meisten Initiativen, die als Genossenschaften, Vereine oder Einzelinitiativen auftreten. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als 150 derartige Initiativen und Einrichtungen. Allen ist gemeinsam, dass sie eigentlich kommunale Aufgaben verantwortlich übernehmen wollen. Also die Aufgaben oder einen Teil der Aufgaben, die im Rahmen der Privatisierungswelle in den 1990er Jahren von den Kommunen ausgegliedert, sprich verkauft wurden. Die Sicht und der Erfolg dieser Initiativen besteht darin, dass sie von den Energiekonzernen unabhängig sein wollen, die Wirtschaftsleistung in der Region belassen möchten und ein besseres Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der lokalen und regionalen Energieversorgung beanspruchen. Das Paradebeispiel ist vielen unter dem Stichwort „Schönauer Stromrebellen“ bekannt. Dort hatte eine kleine Gruppe von Bürgern um Ursula und Michael Sladek nach dem Tschernobyl Unglück erkannt, dass die Risiken der Atomenergie unkalkulierbar sind. Deshalb versuchten sie dann, das örtliche Stromnetz in dem kleinen Ort Schönau im Schwarzwald zurückzukaufen, was ihnen am Ende dann auch gelang. Heute sind die daraus entstandenen EWS Elektrizitätswerke Schönau eG ein ziemlich erfolgreiches Versorgungsunternehmen, das nicht nur in Schönau, sondern bundesweit erfolgreich Strom aus Erneuerbaren Quellen vertreibt. Die Website der EWS ziert ein Foto von Ursula Sladek mit Barack Obama!   

 

Best Practice Beispiel   

Ein weiteres besonderes Beispiel ist sicher die Solarkomplex AG, die im Jahre 2000 von 20 regionalen Gesellschaftern/Bürgern als GmbH am Bodensee gegründet wurde. Damals bestand die Hauptmotivation der Gründer darin, der Photovoltaik zum Durchbruch zu verhelfen. Es wurden in erster Linie Solaranlagen gebaut, die dann ganz oder teilweise an Bürger verkauft und von der GmbH gewartet und betreut wurden. Dieses Geschäftsmodell hat sich sehr bewährt. So konnte den Investoren die Scheu vor einer komplizierten Investition genommen werden. Mittlerweile ist aus dieser ehemaligen kleinen GmbH eine Aktiengesellschaft geworden, die sich nach wie vor ausschließlich der erneuerbaren Energie verschrieben hat. Heute betreibt die AG Nahwärmenetze, Heizwerke, Photovoltaikanlagen, Solarparks, Windenergie- und Biogasanlagen. Bürger und Investoren sind mit dem Engagement des Unternehmens äußerst zufrieden, weil dieser zunächst schwierige Weg trotz allem immer mit einem guten wirtschaftlichen Ergebnis für alle Beteiligten verbunden war. Trotzdem ist die Solarkomplex AG ein Unternehmen, dass sich auch im 17. Jahr nach seiner Gründung politisch nicht zurückhält. Einige Wochen vor der anstehenden Regierungsbildung in Berlin kann man im aktuellen Aktionärsbrief nachlesen: „Als die regenerative Stromerzeugung relativ teuer war, hat Deutschland neue Erzeugungskapazitäten im wortwörtlichen Sinne gebaut wie ein Weltmeister. So lag der Photovoltaik-Zubau von 2010 bis 2012 bei je 7.500 MW pro Jahr. Seit die Erzeugung relativ günstig ist, ist der Zubau deutlich zurückgegangen und liegt seit 2014 sogar noch deutlich unter dem politisch willkürlich festgelegten Zielkorridor von 2.500 MW. Das ist absurd. ....... und: Wir haben in 2017 zwei weitere Freiland-Solarkraftwerke mit je 750 kW Leistung neu ans Netz gebracht, in Bingen und Storzingen. Berechnet man die Erzeugungskosten (nicht die Einspeisevergütung) so liegen diese selbst bei unseren beiden relativ kleinen Anlagen nur noch bei 6 ct pro Kilowattstunde, bei großen Anlagen im MW-Bereich sogar nochmal darunter, bei rund 5 ct/kWh. Angesichts der genannten Erzeugungskosten gibt es keinen volkswirtschaftlich vernünftigen Grund, den Zubau überhaupt noch mit Obergrenzen zu reglementieren. ......Der politisch festgelegte Deckel auf maximal (!) 45 % Regenerativanteil in 2025 muss schleunigst abgeschafft werden und wieder durch eine Mindest (!) quote ersetzt werden. Das spricht für sich selbst und könnte so manches Stadtwerk inspirieren. Den Bürgern jedenfalls würde eine derartige Einstellung, die der Region und den Menschen dient, gefallen.

 

      

Neue Chancen für kommunale Unternehmen

Luftreinhaltung

Unsere Luft wird zunehmend stärker belastet. Wir sollten damit genau so umgehen, wie wir es beim Wasser gemacht haben. Damit wir auch weiterhin saubere Luft als freies Gut atmen können, müssten wir alle dafür zahlen, wenn wir die Luft belasten. Was ist die Bemessungsgrundlage für unsere Zahlungen und was sind die Maßnahmen, die wir kommunal zur Luftreinhaltung ergreifen können. Die Heizung, das Auto und der Strombezug sind die Hauptverursacher der für jede Familie oder Wohnung messbaren Verbrauchsgrößen. Gleiches gilt für Gewerbe, Handel und Industrie. Wer am meisten verbraucht, zahlt am meisten. Wer (Höchst-) Grenzen überschreitet, kommt in die Progression. Und wer am wenigsten verbraucht, zahlt am wenigsten oder anders herum, spart am meisten. Genauso wie beim Wasser können die „Luftwerke“ durch die Summe des Gesamtverbrauchs einer Kommune oder einer Region erkennen, in welchem Maße die Luftverschmutzung durch die örtlichen Verursacher Gegenmaßnamen erfordert. Solche Gegenmaßnahmen können zum Beispiel sein, die Luftverschmutzung durch die Reduzierung des Höchstwertes für die Heizung pro Quadratmeter zu reduzieren. Eine andere Maßnahme könnte die Effizienzverbesserung des von den Stadtwerken betriebenen Heizwerks oder die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einer kommunalen Fläche sein. Da ist vieles denkbar.

 

E-Mobilität

Aktuell sind die gemessenen Stickoxidwerte NO2 in den Ballungsgebieten der großen Städte in aller Munde. Diese entstehen größtenteils durch den Feinstaubausstoß der Dieselmotoren. Dieselfahrer befürchten ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in den Städten. Stuttgart ist offenbar am meisten gefährdet. Die Kommunalpolitiker sind unsicher, ob sie mit dem Ausbau der Infrastruktur für Elektroautos in verstärktem Maße beginnen sollen, weil die Geschwindigkeit der Durchsetzung der E-mobilität sehr unterschiedlich beurteilt wird. Da ist von der Verkehrswende die Rede. Aber es herrscht bei allen Beteiligten eine große Unsicherheit, wie lange es noch dauert, bis die Emobilität sich durchgesetzt.

 

Eigentlich liegt die Antwort auf diese Frage auf der Hand. Damit wir weiterhin in diesen Ballungsgebieten mit dem Auto unterwegs sein können, brauchen wir eine schnelle Reduzierung der Stickoxide und des CO2-Ausstosses. Das gilt nicht nur für Stuttgart und Berlin, sondern gleichermaßen für Peking, Shanghai, New York, Neu-Delhi, London, Paris und alle anderen Großstädte dieser Welt. Die entsprechende Infrastruktur in den Städten zu schaffen, funktioniert mit der gewünschten Geschwindigkeit nur bei Elektroautos. Die benötigen nur Strom. Der steht überall zur Verfügung. Die Stromnetze sind vorhanden. Es müssen nur Ladestationen (neue Stecker) aufgestellt werden. Auch für viele Bewohner in den Ballungsgebieten besteht die Möglichkeit, über Nacht an der eigenen Steckdose oder tagsüber auf dem Betriebsparkplatz oder an öffentlichen Ladestationen in Betriebsnähe zu laden. Für größere Entfernungen entstehen derzeit bereits überall Schnellladestationen, an denen schon heute vielfach in 30 Minuten 80% der Ladekapazität aufgeladen werden kann. Die amerikanische Elektroautoschmiede TESLA ist da einer der Vorreiter. Es besteht also kein Zweifel, dass die Automobilindustrie weltweit in wenigen Jahren alltagstaugliche Elektroautos zur Verfügung stellen muss, wenn sie dem Wettbewerb standhalten will. In 10 bis 15 Jahren werden wir fast einen kompletten Austausch der heutigen PKW-Flotte haben. Ein heute angeschafftes Auto wird zwischen 2027 und 2032 von unserem Markt verschwinden. Die Umweltauflagen für neue PKWs werden zwangsläufig durch die schlechte Luft in den Städten für alle neuen PKWs so hochgeschraubt werden, dass diese Auflagen nur von E-Autos erfüllt werden können. Aktuell bewegen sich auf Deutschlands Straßen circa 46 Millionen Autos. Ein Drittel davon sind Diesel. Spätestens seit VW bekanntgab, 23 Milliarden Euro in Elektromobilität zu investieren ist sicher, dass der Markt in den nächsten Jahren siebenstellig wird. Ob mit oder ohne feste Elektroquote wird das Jahr 2018 vor diesem Scenario das Jahr sein, von dem man später sagen wird, es war der Durchbruch für die E-Mobilität weltweit. Selbst wenn die Verbrenner noch eine Weile auch unter Umweltgesichtspunkten wettbewerbsfähig sein sollten, wird der Markt im Jahr 2030 im PKW Bereich weltweit zu mindestens 20 % aus Elektroautos bestehen. Für Deutschland wären das immerhin 10 Millionen Elektrofahrzeuge. Toyota hat große Investitionen in Brennstoffzellen-Autos getätigt und produziert seit 2014 den Mirai, einen Mittelklassewagen in Serie, der mit Brennstoffzellen betrieben wird. Brennstoffzellenautos konkurrieren mit Elektroautos. Beide fahren elektrisch. Beide sind umweltfreundlich, weil sie die Umwelt nicht mit Schadstoffen belasten, solange die Elektrizität oder der Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen aus zusätzlichen Kapazitäten stammt. Was sind dann die Unterschiede? Das Elektroauto hat einen wesentlich höheren Wirkungsgrad. Die Technik im Brennstoffzellenauto ist umfangreicher und teurer, weil jedes Auto ein kleines eigenes Kraftwerk, nämlich die Brennstoffzelle an Bord hat, die den Wasserstoff in Strom umwandelt, mit dem der Elektromotor angetrieben wird. Im Vergleich dazu ist die Technik im Elektroauto sehr viel einfacher. Die Wasserstofftechnologie hat den Nachteil, dass die Versorgung der Tankstellen durch LKW-Tankwagen auf unseren Straßen stattfindet, während der benötigte Strom aus den bestehenden Niederspannungs- und Mittelspannungsnetzen entnommen werden kann. Der Wettbewerb um die längste Reichweite hat begonnen. Aktuell liegen da die Elektroautos der Amerikaner an der Spitze. Den letzten Äußerungen des VW Chefs Matthias Müller ist zu entnehmen, dass die deutsche Autoindustrie auf dem besten Wege ist, hier nachzuziehen. Wenn Ladestruktur und Alltagstauglichkeit stimmen, können wir davon ausgehen, dass 2030 mit großer Mehrheit alternative Antriebe geordert werden. Das Dieselprivileg wird bis dahin keine Rolle mehr spielen, so dass die alternativen Antriebe auch in Sachen Wirtschaftlichkeit die erste Geige spielen.

 

Investitionen in der Niedrigzinsphase

Wer wirtschaftlich als kommunales Unternehmen von dieser Entwicklung profitieren will, muss die Weichen jetzt stellen und in Niedrigzinsphasen in Netze und Speicher investieren, mit öffentlichen Zuschüssen Ladesäulen aufstellen und dieses Feld nicht den Energiekonzernen überlassen, die hier seit Jahren nennenswert investieren und damit eine Marktführerschaft anstreben, die absolut nicht erforderlich ist. Seit dem Erfolg der erneuerbaren Energien haben wir de facto eine zu großen Teilen dezentrale Energieversorgung, bei der eigentlich nur die Verbundnetze zentral betrieben werden sollten. Mittlerweile wird etwa ein Drittel der Stromerzeugung durch Erneuerbare Energie gedeckt. Dadurch entstehen zusätzliche Chancen der Stadtwerke, die sich bisher überwiegend mit der Verteilung von Strom und Gas befasst haben, auch eigene Erzeugungskapazitäten zu errichten. Dabei bietet es sich an, insbesondere zur Versorgung der Elektromobilität, einen neuen regionalen oder lokalen Energiemix aus Sonne, Wind, Blockheizkraftwerken, Nahwärme und Speichern in Verbindung mit intelligenten Netzen (Smart Grid) anzustreben.

 

Messen und handeln

Seit knapp einem Jahrzehnt gibt es, gesetzlich reguliert, vier verschiedene Player am Energiemarkt.

  1. Die Energieerzeuger und Kraftwerke wie RWE und e.on,
  2. die Betreiber der Energienetze,
  3. den Energievertrieb/Handel, zum Beispiel die Stadtwerke, Lichtblick und über

     tausend andere Energielieferanten und

  1. die Messstellenbetreiber, deren Aufgabe darin besteht, die notwendigen Messein- richtungen zu installieren und den vom Kunden gewählten Energielieferanten die jeweils aktuellen Zählerstände zu übermitteln. Außerdem müssen die Zählein-richtungen gewartet werden. Die Messstellenbetreiber haben zusätzlich die Chance, die Möglichkeiten, die durch die neuen sogenannten Smart Meter, also intelligente Zähler, entstehen, zu vermarkten und auch den Energiekunden die Ergebnisse übers Internet zugänglich zu machen.

 

Die Abrechnung aller vier Leistungsbereiche ist für den Endkunden nicht sichtbar, da dieser nur eine einzige Rechnung von seinem Stromlieferanten erhält, die alle erbrachten Energieleistungen beinhaltet, die von den Playern untereinander nach einem gut funktionierenden System abgerechnet werden. Die Aufgabe des Messstellenbetreibers wird in den meisten Fällen, vom örtlichen Stadtwerk in Personalunion mit dem Betrieb des Ortsnetzes und der Funktion als Energielieferant wahrgenommen, es sei denn, der Kunde hat seinen Stromlieferanten gewechselt. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Stadtwerke oder der örtliche Energieversorger bereits heute die wichtigsten Energiemessungen, wie Wasser, Gas, Fernwärme und Strom durchführen, sind sie prädestiniert, auch die zusätzlichen Messungen, die zur Optimierung der Ortsnetze und der Reinhaltung der Luft erforderlich sind, durchzuführen. Unterstellt man, dass die wichtigsten Messungen, aus denen sich die Belastungen jedes Einzelnen an der Luftverschmutzung ergeben: Gas/Fernwärme, Strom und sonstige Brennstoffe sind, könnte eine neue Aufgabe darin bestehen, zunächst ein Belastungsprofil für jeden Haushalt zu erstellen, dass aus den

 

nachfolgenden Zählern/Messsystemen ermittelt wird:

  • Stromverbrauch pro Jahr Quelle: Stromzähler                                  vorhanden
  • Gas-/Fernwärmeverbrauch Quelle: Gas-/Fernwärmezähler   vorhanden
  • Heizöl und feste Brennstoffe Quelle: Betriebsstundenzähler   neu
  • Benzin und Diesel für PKW Quelle: Herstellerangaben                      vorhanden

und daraus die jeweilige individuelle Einzelbelastung „Abluft“ in Anlehnung an den Begriff „Abwasser“ zu ermitteln und an den Verbraucher zu berechnen. Weiterhin wird aus der Zusammenführung der Messungen die Gesamtbelastung ermittelt und die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet.   

 

Beispiel Duisburg Feinstaubmessung

Luftmessungen werden in NRW bisher vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) durchgeführt. In Duisburg zum Beispiel sind über das Stadtgebiet bisher 7 Messstationen verteilt, die aber keinen wirklichen Überblick über die Luftverhältnisse in Duisburg bieten. Nun hat das Umweltamt der Stadt Duisburg zusammen mit der Volkshochschule ein Programm vorgestellt, mit dem jeder Bürger seine eigene Messstation installieren kann. Nach Auskunft der Volkshochschule, die dieses Programm Anfang Dezember 2017 vorgestellt hatte, ist das Interesse der Bürger groß. Für 40 Euro können diese die einzelnen Komponenten eines Bürgermesssystems zur Feinstaubmessung über das Internet erwerben und dann in einem Workshop Anfang Februar 2018 gemeinsam unter Anleitung zusammenbauen. Besonders interessant ist dieses Projekt natürlich für Schulklassen, aber auch jeder Bürger als Mieter oder Hauseigentümer kann sich an dem Programm beteiligen. Wenn dann im Stadtgebiet im Frühjahr 2018 50 solcher Feinstaubmessungen in den einzelnen Stadtgebieten durchgeführt werden, wird auf der gemeinsam genutzten Plattform auch abzulesen sein, in welchen Stadtgebieten die Luft am dicksten ist. Daraus dann die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist sicher eine der Aufgaben, die von kommunalen „Luftwerken“ wahrgenommen werden kann.    

 

Energiehandelsplattformen für erneuerbare Energie – wie ein Bauernladen

Betreiber von kleineren Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie, wie Photovoltaik, Strom aus Blockheizkraftwerken zur Verstromung des erzeugten Biogases, Windradbetreiber und andere haben heute je nach Baujahr der Anlage nur die Möglichkeit, den Strom selbst zu verbrauchen oder zu sehr unterschiedlichen Konditionen ins öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Das war für viele kleinere Stromerzeuger bisher ein sehr unbefriedigender Zustand, da bei den Betreibern vielfach der Wunsch nach eigenen Vermarktungsmöglichkeiten bestand. Andererseits haben Stromkunden aus der Nachbarschaft, dem Ort oder der Region häufig ein großes Interesse daran, den Strom aus erneuerbaren Quellen für den eigenen Bedarf vom Nachbarn oder aus der Region zu beziehen. Beides war in der Vergangenheit bei der bestehenden Gesetzeslage außerordentlich aufwendig und sehr kompliziert. Seit diesem Jahr hat sich dies geändert. Es gibt mittlerweile einige Plattformen, die es jedem beliebigen Stromkunden ermöglichen, seinen Ökostrom direkt von einem Erzeuger seiner Wahl zu beziehen. Das Prinzip ist etwa dem Bauern-oder Hofladen vergleichbar, wo Obst und Gemüse direkt beim Erzeuger gekauft wird. Stellvertretend sind hier drei verschiedene Modelle genannt, die aber alle das Bauernladen Prinzip der Direktvermarktung aufgreifen.

 

Die genossenschaftliche Plattform: bürgerwerke.de

https://buergerwerke.de/strom-beziehen/unser-strom/unsere-erzeuger/

Die Besonderheit dieser Plattform besteht darin, dass der angebotene Ökostrom ausschließlich von Genossenschaften produziert wird, die wiederum Mitglied der Bürgerwerke sind. Die Bürgerwerke sind ebenfalls genossenschaftlich organisiert. Der Stromkunde kann sich den gewünschten Ökostrom bei einem beliebigen Anbieter aussuchen. Die Preise der Anbieter, die sich in einem Anbieterprofil vorstellen, sind unterschiedlich. Bei einem Jahresverbrauch von 3.000 Kilowattstunden, das entspricht etwa dem Durchschnitt eines Dreipersonenhaushalts, wird dafür ein Grundpreis von 8,90 Euro pro Monat und ein Verbrauchspreis von 27,40 Cent pro Kilowattstunde fällig. Das ist für Ökostrom ein angemessener Durchschnittspreis von 30,96 Cent pro Kilowattstunde. Der vergleichbare Preis für Graustrom von RWE liegt bei 31,9 Cent pro Kilowattstunde.   

 

Das Beispiel der Wuppertaler Stadtwerke

https://www.wsw-talmarkt.de/#/home

Um auf dieser Plattform Strom zu kaufen, ist aktuell noch eine vorherige Registrierung und die Zusammenstellung des gewünschten Strommix aus Sonne, Wind oder Biomasse erforderlich. Anschließend erfolgt der Abschluss eines Stromlieferungsvertrages mit den Stadtwerken Wuppertal, die den weiteren Prozess einschließlich des Zählerwechsels zu einem Smart Meter (Intelligenten Zähler) vollständig organisieren. Der Kunde hat den Vorteil, dass er von Beginn an zusätzlich von den Möglichkeiten zum Energiesparen über das Portal „elblox“ profitieren kann, weil er dort Zugriff auf seine eigenen Daten hat. Dadurch kann er die Ursachen für hohen Verbrauch im Detail bestimmten Zeiten und Geräten zuordnen. Der Preis pro Kilowattstunde wird sich im Rahmen der marktüblichen Konditionen bewegen. Das Portal wurde am 20. November 2017 eröffnet. „Die Plattform hat das Potenzial, ein führender Marktplatz für personalisierte erneuerbare Energie in Europa zu werden.“ urteilt der IT-Anbieter dieser Plattform. Die Stadtwerke sprechen vom ersten derartigen Portal in ganz Europa.

 

Das wegweisende Portal des Lichtblick Ablegers

https://www.enyway.com/de/4?pk_campaign=sea

Das Portal enyway hat seine Wurzeln bei Lichtblick, einem der wenigen ersten Anbieter von Ökostrom, die es geschafft haben, sich mittlerweile am Markt gut zu etablieren. Der Mitgründer von Lichtblick, Heiko von Tschischwitz, hat dieses Konzept mit einem 50-köpfigen jungen Team zusammengestellt und die wichtigsten Hürden mit den richtigen Instrumenten genommen. Obwohl bei enyway eine direkte Kundenbeziehung zwischen dem kleinen Kraftwerksbetreiber und dem Kunden zustande kommt, ist der formale Aufwand zwischen den Kunden und den kleineren Anbietern gleich Null. enyway tritt hier als Dienstleister und Rechnungsaussteller auf, und erledigt alle Formalitäten. Dies wird möglich, weil der Lieferant seine Forderungen an enyway abtritt. Eine durchaus praktikable Regelung!

 

Aussichten der Portale für Direktvermarktung der Ökostromerzeuger 

Wenn sich diese Portale für eine direkte Kundenbeziehung zwischen Ökostromanbietern durchsetzen, sind die großen Energiekonzerne für den Bereich Privatkunden in der Stromversorgung dem gleichen Wettbewerb ausgesetzt, wie jeder kleine Anbieter. Solange diese „Bauernläden“ in Sachen Ökostromvermarktung zu gleichen Wettbewerbsbedingungen am Markt agieren können, bestehen sehr gute Aussichten, dieses Konzept auch mittelfristig zum Erfolg zu führen. Da die Zahl der Anbieter bei Erfolg sehr schnell fünf- bis sechsstellig wird, kommt es darauf an, entsprechende einheitliche Darstellungskriterien und Filter einzubauen, die dem Kunden dennoch eine zumutbare Produkt- und Anbieterauswahl ermöglicht.  

 

Nachhaltigkeitsbilanzen für Unternehmen von öffentlichem Interesse

Bisher sind gewerbliche Unternehmen verpflichtet, eine kaufmännische und steuer-liche Bilanz vorzulegen, die den Anteilseignern den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens aufzeigt und die den Steuerbehörden zur Ermittlung der Einkommen- und Körperschaftssteuer dient. Daraus entsteht in den Unternehmen nicht selten ein Interessenkonflikt zwischen Umweltschutz und Renditeerwartung.       

Ab 2017 wurde auf Initiative der EU auch in Deutschland die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen zur Pflicht, also eine zusätzliche Ökobilanz. Das Gesetz für die sog. CSR-Richtlinie ist seit dem 11.01.2017 in Kraft. Damit sind Unternehmen von öffentlichem Interesse zum ersten Mal dazu verpflichtet, über Nachhaltig-keitsthemen Bericht zu erstatten. Auch dabei könnten Stadtwerke und andere kommunale Unternehmen einen wichtigen Beitrag leisten. Im modernen Verständnis wird CSR Corporate Social Responsibility zunehmend als ein ganzheitliches, alle Nachhaltigkeitsdimensionen integrierendes Unternehmenskonzept aufgefasst, das alle sozialen, ökologischen und ökonomischen Beiträge eines Unternehmens zur freiwilligen Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, die über die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen (Compliance) hinausgehen, beinhaltet.

 

Schlussbemerkung

Ob wir den Wettlauf um die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens gewinnen können, wird davon abhängen, ob es gelingt, alle Beteiligten: die Bürger, die Politik, die Wissenschaft und die Wirtschaft mit ins Boot zu holen.

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